Eine Mehrgenerationen-Familie im Garten.
Alles Wissenswerte über das Mehrgenerationenhaus

Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Immer mehr Menschen interessieren sich für das Leben in einem Mehr­generationen­haus.
  • Das Zusammen­wohnen von Jung und Alt hat Vor­teile, aber auch Konflikt­potenzial.
  • Beim Kauf oder Bau eines Mehr­generationen­hauses ist akribische Planung das A und O.

Alles Wissenswerte über das Mehrgenerationenhaus

Jung und Alt gemeinsam unter einem Dach, sich gegenseitig unter­stützen, von­einander profitieren: Das verspricht das Leben in einem Mehr­generationen­haus. Was man bei der Planung und Finanzierung beachten muss und welche Fragen man vorher unbedingt klären sollte ...

Die Wohnsituation in Deutschland zeigt in den letzten Jahr­zehnten einen eindeutigen Trend: Laut Statistischem Bundes­amt leben die meisten Menschen allein oder mit einer weiteren Person zusammen. Demnach lag die durch­schnittliche Anzahl an Haushalts­mitgliedern in Deutsch­land 2018 bei 1,99 – im Jahr 1991 waren es noch 2,27 gewesen. Haupt­gründe sind der Wunsch nach Indi­vidualisierung, Veränderungen der Familien­strukturen und unter­schiedliche Bedürfnisse.  

Im Gegensatz dazu stehen die Wünsche der Menschen, was die Wohn­form im Alter angeht: In einer repräsentativen Umfrage des Online-Marktforschungs­instituts Dialego konnten sich mehr als die Hälfte der Menschen ein Mehr­generationen­haus als Wohn­form im Alter vorstellen – über alle Alters­gruppen hinweg. Übrigens: mehr Frauen (61 %) als Männer (49 %). Damit wurde das Mehr­generationen­haus als bevorzugte Wohnform im Alter noch vor Wohnen mit Service, einer Pflege-WG oder betreutem Wohnen genannt.

 

Separate Wohn­einheiten in einem Mehr­generationen­haus

Was versteht man unter einem Mehr­generationen­haus? Hierbei handelt es sich um ein Wohn­konzept, bei dem Menschen verschiedener Generationen zusammen­leben. Kern­gedanke ist eine Gemein­schaft, die sich gegen­seitig unter­stützt und von­einander lernt. In einem Mehr­generationen­haus können Familien­mitglieder zusammen­wohnen, aber auch Freunde, Bekannte, ehe­malige Nachbarn oder Gleichgesinnte verschiedenen Alters.

Zumeist besteht ein Mehr­generationen­haus aus mehreren separaten Wohn­einheiten und zusätzlichen Gemeinschafts­räumen wie häufig Wohn- oder Ess­zimmer, Gemeinschafts­küche, Hobby­raum oder Garten. Familien, Paare oder Einzel­personen können in den einzelnen Wohn­einheiten von unter­schiedlicher Größe wohnen. Das Zusammen­leben in einem Mehr­generationen­haus bewirkt, dass die Bewohner regel­mäßig soziale Kontakte haben und in eine Gemein­schaft integriert sind. Das verhindert Iso­lation und Einsamkeit im Alter. Und die Bewohner unter­stützen sich gegenseitig im Alltag und über­nehmen zum Beispiel Aufgaben wie die Pflege älterer Bewohner oder die Kinder­betreuung.

 

Vorteile von einem Mehr­generationen­haus: Unterstützung und gemeinsames Lernen

Die wesentlichen Vorteile eines Mehr­generationen­hauses sind:

Soziales Miteinander:
Das Zusammengehörigkeits­gefühl wird gestärkt; gleich­zeitig bewahren sich alle Parteien ihre Un­abhängig­keit und Privatsphäre.

Gemeinsames Lernen:
Der Austausch zwischen Jung und Alt hält beide Seiten fit. Ältere Menschen bringen jüngeren Menschen zum Beispiel Hand­arbeiten bei oder helfen bei Schul­arbeiten – und profitieren wiederum beim Umgang mit Handys, PC und Apps. 

Unterstützung:
Rentner und Senioren können nach der Schule oder nach dem Kinder­garten auf die Kinder der Eltern aufpassen, die stark im Beruf gefordert sind. Im Gegen­zug unter­stützen die Jungen die Groß­eltern-Generation im Alltag: im Haus­halt, beim Ein­kauf, bei Arzt­besuchen oder später in der Pflege.

Sparpotenzial:
Anfallende Kosten für Wasser, Strom, Lebens­mittel und Reparaturen können Sie auf­teilen und Kosten einsparen.

Nachteile eines Mehr­generationen­hauses: Weniger Privat­sphäre und mehr Konflikt­potenzial

Das Mehrgenerationen­wohnen hat aber auch Nach­teile:

Mangelnde Privatsphäre:
Trotz separater Wohn­einheiten ist beim Wohnen mit mehreren Menschen aus unter­schiedlichen Generationen die Privat­sphäre ein­geschränkt. Zudem gibt es – auch bei separaten Wohn­einheiten – weniger Rückzugs­möglichkeiten

Konfliktpotenzial:
Unterschiedliche Bedürfnisse, Erwartungen, An­sprüche und An­sichten sowie die räumliche Nähe bergen Konfliktpotenzial. Daher sind klare Ab­sprachen und Regeln unabdingbar. 

Doppelbelastung:
Die „Sandwich-Generation“, die sich um die Älteren und die Kinder kümmert, läuft Gefahr, ihre eigenen Bedürfnisse zu vernach­lässigen.

 

Bei der Planung eines Mehr­generationen­hauses beachten: Grundriss, Lage, Gemeinschafts­räume

Es gibt immer noch nur wenige Mehr­generationen­häuser in Deutsch­land. Wenn Sie dennoch vorhaben und die Chance haben, als Single, Paar oder mit der Familie in ein solches einzuziehen, sollten Sie sich vorher unbedingt folgende Fragen stellen:

  • Wer sind die Bewohner und komme ich mit ihnen zurecht? Hierfür reicht ein einmaliges Treffen sicherlich nicht aus.
  • Wie groß ist das Wohnobjekt und wie ist die Lage? Und habe ich genug Rückzugs­möglichkeiten?
  • Gibt es pflege­bedürftige Bewohner in dem Objekt?
  • Welche Kosten kommen auf die Bewohner zu?
  • Gibt es Haus­regeln, die die Pflichten und Ver­antwortlich­keiten des Zusammen­lebens klar regeln?


Solche Fragen muss man sich natürlich auch stellen, wenn man ein Mehr­generationen­haus bauen oder er­werben möchte. Neben der entscheidenden Frage, mit wem man in einem solchen Haus leben möchte, sollte man bereits bei der Planung die wichtigsten Fragen klären:

  • Wie viel Privat­sphäre benötigen die einzelnen Parteien? Also: separate Wohn­einheiten oder ein offener Grund­riss? 
  • In welcher Lage soll das Haus stehen?
  • Wie viele und welche Gemeinschafts­räume sind gewünscht (und finanzierbar)?
  • Wie sollen gemeinsam genutzte Bereiche wie Gemeinschafts­räume, Treppen­haus, Garten oder Küche gestaltet sein?
  • Kosten und Finanzierung – welchen Spiel­raum haben hier die beteiligten Parteien und in welcher Höhe werden Rück­lagen benötigt?
  • Wie viel Barriere­freiheit soll das Haus haben?
  • Welche Eigentums­verhältnisse sollen gelten? 
  • Was geschieht, wenn jemand aus dem Mehr­generationen­haus auszieht?
  • Wie steht es um die Ein­tragung ins Grund­buch, um das (lebenslange) Wohn­recht, mögliche Erb­schaften in der Zukunft? 
  • Wie wird das Haus finanziert?
  • Wer zahlt welche Reparaturen, Neben­kosten und Ähnliches?


Finanzierung eines Mehr­generationen­hauses mit staatlicher Förderung

Was kostet ein Mehr­generationen­haus? Das hängt ab von der Größe, der Lage, einer angemessenen Barriere­freiheit sowie dem eigenen Anspruch an Aus­stattung und lässt sich entsprechend nicht pauschal beantworten. Was die Finanzierung angeht, unter­scheidet sich diese nicht von der Finanzierung einer jeden anderen Immobilie: Für die Bau­finanzierung eignet sich als Kredit­art ein Annuitäten­darlehen; auch die Grund­bedingungen hinsichtlich Faktoren wie der Tilgung sind ähnlich.

Sinnvoll: Bauherren-Haftpflichtversicherung

Wenn Sie ein Mehr­generationen­haus bauen und dabei Bau­herr sind, haften Sie, wenn auf Ihrer Baustelle ein Dritter zu Schaden kommt. Und zwar mit Ihrem gesamten Vermögen. Dies gilt nicht nur für die Handwerker, die Ihr Bauprojekt umsetzen. Auch Passanten, die beispiels­weise durch ein herab­fallendes Bau­teil zu Schaden kommen, oder spielende Kinder zählen dazu. Die Folge­kosten eines solchen Unfalls können enorm hoch sein. Deswegen ist eine Bauherren-Haftpflichtversicherung empfehlenswert, denn diese sichert Sie in solchen Fällen umfassend ab – und bietet Ihnen Versicherungs­schutz während Ihres Bauvorhabens.

Wichtig zu wissen: Ein privates Mehr­generationen­haus kann eine Förderung durch den Staat er­halten. Je nach Bundes­land winken beispiels­weise zins­günstige Darlehen. Zudem bietet die Kredit­anstalt für Wieder­aufbau (KfW) als staatliche Förder­bank ebenfalls eine Projekt­unterstützung an. Durch das Programm „KfW 159 – Alters­gerecht Umbauen“ kann man bei der KfW einen zinsgünstigen Kredit von bis zu 50.000 Euro pro Wohn­einheit erhalten.  

 

Steuern sparen beim Kauf eines Mehr­generationen­hauses

Egal, ob man ein Mehrgenerationenhaus mit Freunden oder Eltern plant – das Finanzielle muss von Anfang an offen und detailliert besprochen werden. Themen wie Geld, Erbe und Eigentum bergen nun einmal großes Streit- und Konflikt­potential. Um unschöne (Familien-)Zwiste zu vermeiden, sollten alle Ab­sprachen vertraglich fest­gehalten werden. Hierzu kann man auch Experten für Immobilien­recht aus Kanzlei und Notariat hinzuziehen.

Auch steuerliche Vor­teile sollte man beachten: Kaufen beispiels­weise Kinder eine Immobilie als Mehr­generationen­haus und vermieten darin eine ab­geschlossene Wohn­einheit an ihre Eltern, bringt dies steuerliche Vor­teile mit sich: In diesem Fall lässt sich ein Teil der Anschaffungs- und Renovierungs­kosten der Immobilie steuerlich geltend machen.

 

Immobilienkredit durch Risikolebens­versicherung absichern

Wenn Sie ein Mehr­generationen­haus erwerben und dies über einen Immobilien­kredit finanzieren, ist der Abschluss einer Risikolebensversicherung äußerst sinnvoll: Denn diese sichert die Bau­finanzierung für den Todes­fall ab und ist ein wichtiger Schutz für Familien mit Kindern. Verstirbt der Haupt­verdiener, kann mit der Versicherungs­summe der Kredit abgelöst werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der hinterbliebene Partner die laufenden Raten allein nicht mehr zahlen kann. Im schlimmsten Fall müsste der hinter­bliebene Partner mit den Kindern aus dem Haus ausziehen. Mehr Informationen zur Risikolebensversicherung bei Abschluss eines Immobilienkredits finden Sie in unserem Ratgeber-Beitrag zur Risikolebensversicherung beim Immobilienkauf.

Was kostet eine Risikolebensversicherung?

Bei der festzulegenden Versicherungs­summe ist Folgendes zu beachten: Diese sollte ausreichen, um im Todesfall den bestehenden Kredit abzulösen. Das heißt, zu Versicherungs­beginn sollte bei einem Immobilien­darlehen von 200.000 Euro die Versicherungs­summe mindestens genauso hoch sein. Allerdings: Die Absicherung Ihrer Angehörigen darf nicht vernach­lässigt werden. Stirbt bei einem Ehepaar mit zwei Kindern einer der Eheleute, sollte zusätzlich genug Geld zur Verfügung stehen, um die laufenden Ausgaben der Hinter­bliebenen zu sichern. Die staatlichen Leistungen allein (Witwen- oder Witwer- sowie die Halbwaisenrente) reichen bei weitem nicht aus, um die Lebens­haltungs­kosten zu decken. Experten empfehlen als Versicherungs­summe das Drei- bis Fünffache des Brutto­jahres­einkommens.

Sie möchten mehr über die Risikolebensversicherung erfahren?

Viele Banken verlangen sogar ausdrücklich die Absicherung der Immobilien­finanzierung mit einer Risiko­lebens­versicherung. Die EUROPA bietet hierzu den E-VRL easy an, für den Sie nur zwei Gesundheits­fragen beantworten müssen. Im Ratgeber-Beitrag zur Risikolebensversicherung finden Sie mehr Informationen.

Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus

Seit dem 1. Januar 2021 läuft das Bundes­programm „Mehr­generationen­haus. Miteinander – Füreinander“. Dabei fördert das Bundes­ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bis 2028 etwa 540 Mehrgenerationenhäuser in ganz Deutschland – mit bis zu 40.000 Euro im Jahr.

Zugeschnitten auf die demografischen Entwicklungen und daraus resultierenden Bedarfe vor Ort entwickeln die Mehrgenerationenhäuser in enger Ab­stimmung mit der Kommune bedarfs­gerechte Angebote für die Bürgerinnen und Bürger. In den Mehr­generationen­häusern können sich Menschen treffen und kennenlernen – ganz egal, wie alt sie sind. 

Die Mehr­generationen­häuser des Bundes­programms werden oft mit dem sogenannten Mehr­generationen­wohnen verwechselt, bei dem mehrere Generationen als soziale Wohn­gemeinschaft unter einem Dach leben. Die vom Bund geförderten Häuser sind jedoch Treffpunkte für alle Menschen in der Nach­bar­schaft, unabhängig von Alter oder Herkunft.

Die geförderten Mehr­generationen­häuser bieten verschiedenste Programme an. Es gibt Sprach-Kurse oder Handy-Kurse. Menschen lernen besser Lesen, Schreiben und Rechnen. Oder Menschen unter­schiedlichen Alters singen gemeinsam im Chor.

Stand: 10.7.2023. Alle Angaben ohne Gewähr.